Photokina 2014

Von Anna Gesher
28.9.2014

Photokina   

Die Photokina in Köln, eine der weltweit größten Messen rund um die Fotografie, wurde auch in diesem Jahr von weit über 30 atemberaubenden Fotoausstellungen, die die enorme Bandbreite des Mediums Bild deutlich machten, abgerundet. Natur- und Porträtfotografie waren hier ebenso vertreten, wie historische Dokumentationen, Fotodesign und Fotokunst. Mehrere internationale Hochschulen hatten ihre Vertreter mit spannenden Projekten entsendet, und aus zahlreichen renommierten Foto-Wettbewerben wurden preisgekrönte Werke präsentiert. Anlässlich des 175. jährigen Jubiläums der Fotografie erwartete den Besucher in der Passage 4/5 der größte Fotoglobus der Welt, eine international angelegte Gemeinschaftsaktion, bei der ein Bildermeer aus über 40.000 Fotografien von den Anfängen bis zur Gegenwart auf einer Fläche von rund 500m² ausgelegt wurde.

Ein weiteres Jubiläum konnte National Geographic feiern. Die National Geographic Society, heute eine der größten gemeinnützigen Wissenschaftsgesellschaften der Welt, wurde 1888 in Washington von 33 Forschern und Abenteurern mit dem Ziel gegründet, „das geographische Wissen zu mehren und zu verbreiten und veröffentlichte im Oktober des gleichen Jahres erstmals das NATIONAL GEOGRAPHIC-Magazin.

Anlässlich des 125-jährigen Bestehens wurde auf der Photokina eine Auswahl der besten Fotografien aus der Geschichte des Magazins gezeigt –55 außergewöhnliche Bilder spiegelten die wichtigsten Expeditionen und Reportagen der Zeitschrift wieder.

  

 

Horizonte-Zingst, das große, jährlich im Ostseeheilbad Zingst stattfindende Umweltfotofestival, präsentierte nicht nur die besten Bilder des Online-Fotowettbewerbs „heartbeat of nature“, sondern auch die Ausstellung Nomaden am Feuer – Das Naturvolk der Himba“. Von den Himba, eines der letzten Nomadenvölker, leben heute noch etwa 7000 im Norden der Namib, eine der ältesten Wüsten der Erde. Der Fotograf Michael Poliza hat in seinen Fotos die Seele dieses Stammes mit großer Sensibilität eingefangen.

Gemeinsam mit GEO zeigte das Umweltfotofestival „Horizonte-Zingst“ außerdem die Ausstellung „Pandas: Der ungewöhnliche Weg zurück. Für die Panda Bilder begleitete die Fotografin Ami Vitale einen Wissenschaftler und ein Fernsehteam in die chinesische Bergregion der Provinz Sichuan, um große Pandas zu fotografieren, die in die Wildnis um das chinesische Naturschutz- und Forschungszentrum entlassen werden sollten.

Der Appell an uns alle, sich für den Schutz und die Bewahrung der Natur einzusetzen, zog sich wie ein roter Faden durch die Messe:

Hierzu gehörten auch  Glanzlichter der Naturfotografie 2014 – größter und renommiertester internationaler Natur-Fotowettbewerb, in Deutschland.

Es gibt 8 Wettbewerbskategorien: (1) Landschaftsfotografie, (2) Pflanzenfotografie, (3) Formen, Farben und Abstraktionen aus der Natur, (4) Vogelfotografie, (5) Fotos von Säugetieren, (6) Fotos von Tierarten, außer Vögel und Säugetieren, (7) Flusslandschaften der Welt, (8) Fotos von den afrikanischen Big Five. Daneben gibt es den „Fritz Pölking-Award“, der ein Bild aus der Kategorie „Säugetiere“ prämiert, sowie ein Junior-Award in den Altersklassen bis 13 Jahre und 14-17 Jahre und noch einen Gesamtsieger aus allen Kategorien. Jede dieser Kategorien wird von einer der großen Kamerakonzerne gesponsert. An diesem Wettbewerb können sowohl Hobby- als auch Profifotografen teilnehmen. 
www.glanzlichter.com

             

 

Daneben war auch die GDT (Gesellschaft deutscher Tierfotografen) mit einer Ausstellung der Sieger von 1913 „Naturfotograf des Jahres“ vertreten.

 Photokina

 

Eine eigene Ausstellung mit dem Titel „Orphan Elephants“ präsentierte der mit dem Hasselblad MasterAward 2012 ausgezeichnete Fotograf Joachim Schmeisser. In der Tierwelt Ostafrikas realisierte er einzigartige Aufnahmen von Waisenelefanten des „The David Sheldrick Wildlife Trust“, mit denen er auf die Bedrohung der Tiere aufmerksam machen will. Der Trust betreibt seit 30 Jahren eine Auffangstation für verwaiste Elefanten im Nairobi Nationalpark in Kenia; dort werden traumatisierte Elefantenbabys mit der Flasche aufgezogen und wenn sie selbstständig genug sind, in eine Auswilderungsstation des Trusts im Tsavo Nationalpark gebracht, bis sie sich in einem letzten Schritt einer Herde anschließen können. Die Persönlichkeit dieser majestätischen Tiere einzufangen und ihre Seele spürbar werden zu lassen, war das Ziel und auch größte Herausforderung des Fotografen. Für ihn hat das Projekt, die Tiere zu erhalten, höchste Priorität, – von jeder verkauften Fotografie der Elefanten geht ein Teil des Erlöses direkt an den DSWT.
www.joachimschmeisser.com
www.immagis.com

     

 

Pigs – Schweine: „Menschen sind senkrechte Schweine“ (Edgar Allan Poe) - Welches Bild haben wir heute von unserem wichtigsten Nutztier, das Schwein ist immerhin der wichtigste Fleischlieferant in Deutschland? Mensch und Schwein stehen in einer ausgesprochen ambivalenten Beziehung. Die Sau als Glücksschwein oder als Verkörperung des Verabscheuenswürdigen? Das Schwein prägt unseren täglichen Wortschatz bis hin zum Sprichwort – es muss so ziemlich für alles herhalten. Zeit, den Umgang mit diesem Tier zu überdenken. Der Kölner Fotograf Ralf Baumgarten hat im Auftrag des Vereins „Die Lebensmittelwirtschaft“ und mit Unterstützung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Ferkel und Schweine, ganz sachlich und unaufgeregt von der Geburt bis zur Schlachtung fotografisch begleitet.
www.ralfbaumgarten.de

                   

 

We the Peoples – Der International Photographic Council (IPC), eine mit den Vereinten Nationen verbundene Nichtregierungsorganisation, hat sich mit dem Department of Public Information der UN zusammengetan und präsentierte gemeinsam die UN-Fotoausstellung unter dem Motto: „We the Peoples“ (Wir, die Völker) – die ersten Worte der Charta der UN.

„Im Mittelpunkt der Fotos stehen Menschen. Ob es sich um Flüchtlingskinder, Entwicklungshelfer, Friedenssoldaten an den Frontlinien bewaffneter Konflikte oder um die unbesungenen Helden handelt, die fernab vom Rampenlicht tätig sind – allen ihren Geschichten ist eines gemeinsam: Der Triumph von Hoffnung und Frieden über Elend und Intoleranz. Die UN misst der Macht der Fotografie als Mittel, Menschen zusammen zu bringen und tief zu berühren, insbesondere in unserem Zeitalter der sozialen Medien und globaler Vernetzung große Bedeutung zu. Und es besteht die Hoffnung, dass durch die hier gezeigten Bilder wir mehr darüber lernen, was die UN tut und warum sie wichtig ist, vor allem gedacht als Inspirationsquelle für den Betrachter, zu handeln und sich mit der UN dafür einzusetzen, eine bessere Welt für alle zu errichten.“ (Auszug aus dem Grußwort des UN-Generalsekretärs).

  

 

Das Japan Camera Industry Institute präsentierte unter dem Titel „A fallen Angel“ Yoshihiro Tatsuki. die 1937 in Tokushima geborene und am Tokyo Junior College of Photography graduierte Fotografin schuf 1965 die über 56 Bilder umfassende Serie „A fallen Angel“ in Tokio, seinerzeit Olympiastadt. Die Serie wurde in dem Camera Mainichi Magazin im April des gleichen Jahres publiziert. Für ihre Arbeit erhielt Yoshihiro Tatsuki den New Face Award von der Japan Professional Photographers Society.
„…in meinem Gedächtnis hat sich das Bild eines Mädchens eingeprägt, das sich lebhaft mit dem Wind jener Ära in Tokio bewegt, eine Stadt, die sich veränderte und wuchs. Ich war zu dieser Zeit 27 Jahre alt und fühlte den leisen Zauber der Fotografie , die sich von der etablierten und traditionellen Form, die Realität einzufangen, entfernte…“ (YT)

 

 

Ebenfalls eine Einzelausstellung präsentierte der Fotokünstler André Wagner mit dem Titel „Visions of Time“. André Wagner greift in seinen Werken real vorhandene Lichtsituationen auf – durch Langzeitbelichtungen erschafft er malerisch-poetische Bilder. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin und entwickelte sich von der Graffiti-Szene bis zum anerkannten Fotografen. Seit 2006 widmet er sich ausschließlich der künstlerischen Fotografie und wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit seinem Werk „Coming back from Yamuna River“ (2011) aus der Serie „Reflections of India“ war er auf der 55. Biennale 2013 in Venedig vertreten. Indien ist ein zentrales Thema im Werk von André Wagner. In den zurückliegenden 10 Jahren hat er sich wiederholt intensiv mit Indien, seiner Kultur und Religion auseinandergesetzt. In mehreren Reisen entwickelte er ein tiefes Gespür und Verständnis für das Land und seine von unserer europäischen stark differierenden Lebenswelt. Philosophie, Zeit und Mythologie fließen in seine Bilder ein. „Ich reise gern ins Unbekannte. An Orte, von denen ich noch Nichts weiß. Ich will mich an Nichts erinnern können… Wenn ich dort ankomme, will ich nicht an der der Oberfläche dahingleiten, sondern mit meiner Kamera das Verborgene, das Unsichtbare sichtbar machen. Dazu muss ich ein Suchender ohne Ziel werden.“ (A.W.) Die auf der Photokina gezeigten Fotografien entstanden zwischen 2004 – 2014, darunter auch „Reflections of India“. In Vorbereitung ist eine umfassende Einzelausstellung 2016 im Kunstmuseum Moritzburg.
www.whiteconcepts.de

     

 

Die größte Ausstellungsfläche blieb der Leica-Galerie vorbehalten. Übergreifendes Thema war in diesem Jahr „Musik“. Sämtliche Facetten der Musikfotografie von Konzertaufnahmen über sehr persönliche Künstlerportraits bis hin zu Reportagen mit Einblicken hinter die Konzertkulissen wurden in großen Fotostrecken präsentiert. Zu den ausgewählten Fotografen gehörten u. a. der legendäre US-amerikanische Musikfotograf Jim Marshall (1936-2010) – Aufnahmen des letzten Beatles-Konzert, der Rolling-Stones-Tour von 1972 sowie eine Sammlung von Fotografien rund um das legendäre Ashbury Viertel in San Francisco während des „Summer of love“ wurden gezeigt. Außerdem Fotografien von Glen Graig (Ein Tag im Leben von Miles Davis), Jürgen Schadeberg (Jazz in Südafrika) und Mary McCartney. Letztere zeigte ihre sehr persönlichen Bilder unter dem Titel „Intime Porträts“. Mary McCartney, 1969 als erstes Kind von Linda und Paul McCartney in London geboren, arbeitet seit 1995 als Fotografin. Sie bevorzugt in ihren Porträts die stillen Augenblicke, verzichtet auf aufwendige Inszenierungen und lenkt den Blick damit fast unmerklich auf die seltenen Momente von vertrauter emotionaler Intimität, die sich zunächst zwischen der Fotografin und dem jeweils Porträtierten einstellen muss, um sich auf den Betrachter zu übertragen. „Ich will die Menschen nicht bloßstellen. Wenn jemand eine Kamera auf dich richtet, musst du Vertrauen haben, es muss eine Beziehung entstehen. Sonst kannst du dich nicht entspannen, dich nicht öffnen.“ (M. MC.)

 


Auch  Fotoprojekte von Musikern, für die Fotografie zu einer zweiten Leidenschaft geworden ist, waren vertreten. So stellte der Kanadische Rocksänger Bryan Adams seine Fotostrecke „Wounded: The legacy of war“, eine Serie über schwer verwundete Kriegsheimkehrer vor. Die Serie zeigte beeindruckende Porträts junger britischer Soldaten und Soldatinnen, die versehrt aus dem Irak- und Afghanistankrieg zurückgekehrt sind oder bei Übungen verwundet wurden. Hinter jedem Porträt steht ein individuelles Schicksal. Adams richtet sein Objektiv auf die Narben, die Verletzungen, die Verstümmelungen. Die bedrückende Unmittelbarkeit machte betroffen, gleichzeitig offenbarten sich die Charakterstärke und Tapferkeit, mit der die Opfer, trotz Beeinträchtigung jeden Tag in Würde weiterleben.

     

Abgerundet wurde das Ausstellungsprogramm durch die prämierten Fotostrecken aus den Leica Kulturprojekten Leica Hall of Fame und Leica Oskar Barnack Preis.

Die Leica Camera AG beruft in unregelmäßigen Abständen herausragende Fotografen in die Leica Hall of Fame, Fotografen, die mit ihrem Blick auf die Welt etwas bewegt, etwas verändert haben. Als erster wurde 2011 Steve McCurry mit dem Leica Hall of Fame Award geehrt, ein Jahr später folgten Barbara Klemm und Nick Üt. 2013 wurde René Burri ausgezeichnet, dessen Serie „Die Deutschen“ präsentiert wurde. In diesem Jahr erhält den Award Thomas Hoepker, der ebenfalls mit einer Werkschau vertreten war.

 

Der Fotowettbewerb „Leica Oskar Barnack Preis“ wird seit 1979 jährlich ausgeschrieben. Die Bewerbung erfolgte bis zum 31. Januar 2014 online. Es wurde auch ein Nachwuchspreis vergeben, der sich an alle angehenden Fotografinnen und Fotografen unter 25 Jahren richtete.

 

Und noch ein Jubiläum wurde mit einer großen Ausstellung gefeiert: Dem 1913 als erstes seiner Art in Deutschland eröffnete Museum für Ostasiatische Kunst gelang es, anlässlich des 100-jährigen Bestehens, die aus über 350 historischen Fotografien bestehende Kollektion der Museumsgründer, Adolf und Frieda Fischer, die als leidenschaftliche Sammler mehrere Ostasienreisen unternommen hatten, und ihre Privatsammlung in das Museum einbrachten, aufzuarbeiten und in einem umfangreichen Katalog zu veröffentlichen. Die Photokina zeigte eine erlesene Auswahl dieser wertvollen Aufnahmen unter dem Titel: Von Istanbul bis Bejing. Nach der Öffnung des Suez-Kanals 1869 etablierten sich in den großen Hafenstädten kommerzielle Fotostudios, denn der Bedarf der Touristen nach Reisefotografie, die ihre Erinnerungen an Sehenswürdigkeiten und Menschen ferner Länder und Kulturen festhalten wollten, wuchs ständig an. Erste Anlaufstation war der Hafen von Konstantinopel, mit Dampfschiffen von Europa aus leicht zu erreichen. Im Stadtviertel Pera lagen die meisten Fotostudios; zu den populärsten zählte das von dem schwedischen Fotografen Guillaume Berggren (1835-1920). Neben Aufnahmen von historischen Orten und Sehenswürdigkeiten produzierten die kommerziellen Studios auch Aufnahmen von besonderen Typen: Dervishe, türkische Damen, Handwerker, Lastenträger, Musiker… . In Ägypten waren es die Häfen Alexandria und Port Said, die von den Globetrottern angesteuert wurden und dann Aden im Jemen. Antonio Beato war vermutlich der erste, der 1862 in Kairo ein Fotostudio gründete. Neben Ansichten wichtiger archäologischer Grabungsstätten (Karnak, Luxor, Philae) waren inszenierte Aufnahmen im Stil orientalischer Fotografie populär.

 

Von ganz besonderer historischer Bedeutung in der Sammlung ist die Aufnahme des ägyptischen Beamten und Ingenieurs Muhammed Sadic Bey von der Kaaba in dem Moment, in dem die Pilger sie umwandeln, handelt es sich doch um eine der frühesten Aufnahmen der Pilgerstätte.

In Indien bestanden die drei wichtigsten Zentren für Fotografie in den Anlaufhäfen für Schiffe aus Europa: Bombay, Madras und Kalkutta. Damals wie heute war das Taj Mahal (erbaut von Mogul Shan Jahan zwischen 1631-1648) für Touristen Nr. 1, des Weiteren die ProvinzhauptstadtUdaipur, gegründet nach 1568 von Maharana Udai Singh. Der Hoffotograf Mohan Lall komponierte meisterhafte Serien von den Stadt- und Seepalästen Udaipurs, die in der Sammlung des Museums herausragen. Eindrucksvolle Szenen des rituellen Badens lieferte der Fluss Yamuna mit einer befestigten Uferstraße mit Ghats (Steintreppen), die zum Wasser herunter führten. Das ehemalige Ceylon beherbergte Fotostudios in der Hafenstadt Colombo, aber neben Architektur und Menschen bot auch die üppige Vegetation zahlreiche Motive.

China, Ziel der Reise, bot für die Europäer des 19. Jh. eine Fülle von Eindrücken, dessen Zeugnis diese einzigartige Fotosammlung nachhaltig dokumentiert.

Buchveröffentlichung: Pérez Gonzales, Carmen: „Von Istanbul bis Yokohama – Die Reise der Kamera nach Asien 1839-1900, Hrsg. Museum für Ostasiatische Kunst Köln, [Verlag der Buchhandlung Walther König] Köln 2014.

 

© alle Aufnahmen – Impressionen von der Photokina 2014 – Denise Steger, Redaktion „Kunst am Mittelrhein“.

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