Von Anna Gesher
Der „Gabriele Münter Preis“ würdigt, wohl einzigartig in Europa, Künstlerinnen, die das 40. Lebensjahr überschritten haben. Ob dieses, 1994 ins Leben gerufene kulturpolitische Zeichen für die Förderung einer noch immer stark benachteiligten Gruppe im Berufsbereich der Kunst auch im 20. Jahr des Bestehens verliehen werden wird, ist fraglich.
Der mit 20.000 Euro dotierte Preis wurde bisher ausgelobt und finanziert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), in Kooperation mit dem Bundesverband Bildender Künstler (BBK), der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer (GEDOK) und dem Frauenmuseum Bonn.
In etwa dreijährigem Turnus wurde der Preis 1994, 1997, 2000, 2004, 2007, 2010 verliehen, verbunden mit einer großen Ausstellung, an der 40 der im Durchschnitt 1500 Bewerberinnen beteiligt wurden. Die Ausstellung wurde auch von einem umfangreichen Katalog begleitet. Fanden die ersten drei Preisvergaben ausschließlich im Frauenmuseum in Bonn statt, so wurde 2004, 2007 und 2010 ein zusätzlicher Akzent mit der Verlagerung der Präsentation in den Martin Gropius Bau in Berlin gesetzt, was bedeutete, dass die Ausstellung nacheinander an zwei renommierten Orten gezeigt werden konnte und damit die Werke der Künstlerinnen einem weitaus größeren Publikum zugänglich waren; daneben erfuhr der Bekanntheitsgrad des Preises eine weitere Aufwertung.
Das finanzielle Gesamtvolumen, das bisher vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Durchführung der Ausstellungsprojekte zur Verfügung gestellt wurde, betrug, neben dem Preisgeld, jeweils ca. 450.000 Euro. Im Hinblick auf die sich zuspitzende Haushaltssituation stehen seit Anfang 2012 allerdings Pläne zu einer Umstrukturierung der Finanzierung, die die Abhängigkeit des Preises von den Haushaltsmitteln des Ministeriums reduzieren soll, zur Diskussion.
Konzepte für die Weiterentwicklung des Gabriele Münter Preises wurden einerseits vom Bundesverband Bildender Künstler (BBK), andererseits von den Mitgliedern eines eigens gegründeten Gabriele Münter Preis e.V., ein Zusammenschluss von Frauenmuseum, GEDOK, der Fachgruppe Bildende Kunst der Gewerkschaft ver.di und den Urheberinnen des Preises (Ulla Schenkel, ehem. Bundesvorsitzende des BBK, Marianne Pitzen, Leiterin des Frauenmuseums Bonn und Angela Icken, damals zuständig für den Bereich „Frau in der Kunst“ im Bundesministerium) dem Ministerium vorgelegt.
Für die Zukunft des Preises wird ein Sponsoringkonzept favorisiert, dabei sollen, laut Pressereferat des Ministeriums, drei wesentliche Fragen geklärt werden:
1) Welche Finanzierungsvolumen kann mittels Sponsoring für den Gabriele Münter Preis generiert werden?
2) Welche Trägerstruktur ist zu empfehlen, die bei eventuellen Sponsoren auf eine gute Resonanz stößt?
3) Wie werden die bisherigen Partner (BBK, Frauenmuseum, GEDOK, BMFSFJ) im künftigen Trägerkonzept berücksichtigt?
Da das Konzept des BBK dem Bundesministerium am geeignetsten erschien, wurde dieser gebeten, die notwendigen Vorarbeiten zu übernehmen und fördert seit dem 8. Oktober 2012 einen Antrag zur finanziellen Unterstützung der Entwicklung des Konzepts. Das Ergebnis wird der BBK, der bei seiner Arbeit auch das Frauenmuseum und die GEDOK einbeziehen soll, in der zweiten Jahreshälfte 2013 präsentieren.
Man kann nur hoffen, dass dieses schwierige Unternehmen zum Erfolg führen wird und der Gabriele Münter Preis weiterhin in einer öffentlichen Ausschreibung Bestand hat, die Künstlerinnen aus allen Sparten der Bildenden Kunst in ihrer zweiten Lebenshälfte wahrnehmen können.
Dieser Preis bleibt aktuell, soll er doch Frauen Rechnung tragen, die auch im 21. Jahrhundert immer noch aufgrund ihres Geschlechts und Alters mit erheblichen Nach- und Vorurteilen zu kämpfen haben. Es sind Frauen, die wie die Namensgeberin des Preises, Gabriele Münter (1877-1862), allzu lange im Schatten ihrer Künstlerkollegen stand und einen steinigen und entbehrungsreichen Weg gehen musste, bevor ihr Werk die verdiente Würdigung erfuhr; es sind Frauen, die trotz allem an ihrer künstlerischen Aufgabe konsequent festgehalten haben und auf die Entwicklung und Reife eines Werkes zurückblicken können, ohne Innovationskraft und Zukunftsorientiertheit zu verlieren.