Zygmunt Gajewski

Ein Fotokünstler der neuen „alten Schule“

Von Denise Steger

1. Januar 2018

                          

In den letzten Jahrzehnten hat die digitale Fotokunst ihren Siegeszug angetreten und ist auf Messen, in Galerien, Ausstellungen… nicht mehr wegzudenken. Doch bergen die unendlichen Möglichkeiten der Digitalkunst auch die Gefahr der Beliebigkeit, und unverkennbare Profile sind schwer auszumachen.
Zygmunt Gajewski geht den Weg zurück zur analogen, bzw. klassischen Fotografie. Er ist ein Altmeister seines Fachs: Seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen, selbst entwickelte Unikate, sind Zeugen der Magie der Fotografie, einer Fotografie, die nicht abbildet sondern in tiefer Mystik und Symbolik zu Hause ist. Es sind Bilder der Stille, der Natur, des Schattens, des Geheimnisses und führen über die Realität hinaus in eine seelisch-gedankliche Dimension.


Zygmunt Gajewski wurde 1948 in Zielomyśl, einem kleinen Dorf an der deutschen Grenze, ca. 100 km von Poznań entfernt, auf einem in 5. Generation von seiner Familie bewirtschafteten Anwesen, als Sohn eines Landwirts geboren. Die Umgebung seines Heimatortes, die weitläufigen Wiesen, die Felder, die Wälder, die er als Kind auf langen Wegen erkundet hat, haben ihn nachhaltig geprägt und seinen Blick für die Schönheit der unberührten Natur immer wieder geschärft. Das Eis auf den Pfützen des Dorfweges im Januar, der Nebel, der den Horizont verschwimmen lässt, die Schatten der Bäume, die ihr Muster auf die Erde werfen, filigranes Geäst, zwischen dem sich der Himmel zeigt…

 

Zielomyśl 1978

 

Zielomyśl 1990


Oft erzählen die Fotografien eine Geschichte, die der Betrachter zwar nicht kennt, aber in den Schilderungen des Künstlers lebendig werden. Es sind stille Zeugen einer längst vergangenen Zeit, die dennoch in der Erinnerung und im Abbild weiterlebt.

 

Pszcew marzec 1992

 

Küstenlandschaft (Gdańsk, Oliwa)

 

Allee im Schnee, Poznań

 

Die Fotografien kommen ohne Effekte aus, sie sind nie gestellt, sondern es ist die Fähigkeit und Geduld des Fotografen, genau jenen Moment einzufangen, dem die künstlerische Aussage zugrunde liegt.

Die „Gehende“ an einem nebelgrauen Tag in der Klosterstraße von Poznań aufgenommen – eine Straße, die, gesäumt von steilen Häuserzeilen, in jenem Moment eine urbane Stille erzeugt, ein Innehalten, das im nächsten Augenblick schon wieder verflogen ist – steht für das Geheimnisvolle der Frau, die die Phantasie belebt, aber im nächsten Moment schon wieder verschwunden ist.

 

Die Gehende (Ulica Klasztorna w Poznaniu… samotna – onegdaj we mgle…)


Zwischen 2001-2002 entstand eine vielteilige Serie von Aufnahmen eines alten Friedhofs, auf dem sich Grabsteine unterschiedlichster Konfessionen befinden, der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1605. Die Fotografien, sowohl in Schwarz-Weiß als auch in Farbe, wurden an verschiedenen Orten in Polen, u. a. 2003 im Museum „Ziemi Wschowskiej 2003 in Wschowa unter dem Titel „… auf ewig in Frieden“ („… nad wiekuistym spokojem“) ausgestellt. Der Begleitkatalog, der seinerzeit erschien, enthält auch zahlreiche Gedichte des Künstlers.

 

Friedhofskapelle

 Jesus Christus - gestern und heute und derselbe - auch in Ewigkeit. Ebr.13.8

 

 Auf ewig, in Frieden.....

 

Auf ewig, in Frieden.....

 

Blick aus dem Fenster der Friedhofskapelle



2004 machte Zygmunt Gajewski im Wiener Museum Mödling in der Reihe Europamuseum „Präsentation der EU-Beitrittsländer: Polen“ mit der Ausstellung „Mysterium der Erlösung“ -  auf sich aufmerksam. Die großformatigen Farbfotografien zeichnen den poetischen Bildreigen eines polnischen Passionsspiels und bleiben ein wichtiges ästhetisches Dokument der ländlichen Tradition.

 

„Mysterium der Erlösung“ – Katalog der Ausstellung

 

Mysterium der Erlösung, Eingangsoffenbarung (Ap. 1.4)



Ein Jahr später, 2005, stellt der Künstler eine Porträt-Serie von polnischen Musikanten im Wiener Haus der Musik aus. Sie bedienen historische Dudelsack-Instrumente und Schalmaien, deren Spiel bis heute gepflegt wird. Unter dem Titel „Dudelsackkunst in Polen“ wurde die Ausstellung vom polnischen Institut in Wien initiiert.

Dass Zygmunt Gajewski auch ein sensibler Porträtist ist – zeigen weitere Aufnahmen von Musikern in seiner Region.

 

Andrzej Fraczysty-Karbowiec

 

 

Nadzeia Protska

 

Im vergangenen Jahr reiste Zygmunt Gajewski ins Rheinland und hat urbane Motive der Stadt Linz, deren Vertreter ihm eine Ausstellung im Stadtarchiv widmeten, aufgenommen. Als Meister des Lichts und des Schattens, der Linien, der Plastizität, der Nähe und der Ferne spiegeln diese Aufnahmen seine Meisterschaft, Architektur und Landschaft in eine besondere Atmosphäre zu tauchen, wieder. Die Aufnahmen erzählen in beeindruckender Ausdrucksstärke von Schönheit und Vergänglichkeit, Vergangenheit und Gegenwart, von der Melancholie des Daseins… Sie erzählen auch von Heimat – einer Heimat, die Europa heißt.

 

Linz am Rhein, Bahnhof

 
           

Linz am Rhein, Neutor und Pulverturm

 

 

Linz am Rhein, altes Haus in der Klosterstraße

 

Linz am Rhein, Tilman-Joël-Park

 

Rheinufer, alte Verladerampe

 

Rheinufer, alter Verladekran

 

Linz am Rhein, Hauptsitz der Basalt-AG

 

Linz am Rhein, alter Steinbrecher

 

Linz am Rhein, ehemaliges Basaltinwerk


Zygmunt Gajewski arbeitet als freischaffender Künstler/ Fotograf in Poznań. Im Rheinland stellte er 2017 unter dem Titel „Im Fluss der Zeiten“ im Künstlerforum (Küfo) in Remagen, im Stadtarchiv und im Katharinenhof in Linz am Rhein aus. Biis Februar 2018 ist er mit einem Werk in der Jahreskunstausstellung mittelrheinischer zeitgenössischer Künstler im Roentgen-Museum Neuwied vertreten und weiterhin wird er mit seinen Arbeiten zu Gast sein im Kunstflur der Kreisverwaltung Neuwied (22.3.-29.6.2018), in der Prova-Galerie in Linz am Rhein (11.8.-2.9.2018) sowie in der Galerie Alter Ego in Bonn.

© alle Fotografien: Zygmunt Gajewski

Zielomyśl

 

 

 

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