Kunstschätze aus rheinischen Pfarreien
Von Elli Grawe
9.3.2014
In vielen rheinischen Pfarreien lagern Kunstschätze von unschätzbar hohen Werten, deren Entstehung bis ins frühe Mittelalter zurückreicht. So ist zum Beispiel die katholische Pfarrkirche St. Nikolaus in Ohlenberg im Besitz einer der frühesten Turmmonstranzen (um 1400-1410) im Rheinland. Das Vorkommen der hohen, langgestreckten gotischen Monstranzen ist seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts für Altenburg bei Köln (1339), Trier (1340), Vallendar/ St. Marcellinus und Petrus, Ahrweiler/ St. Laurentius (beide Mitte 14. Jahrhundert), Mayen/ St. Clemens (1380/1420) und Boppard/ St. Severus (1410/1420) belegt. Vergleichende Studien lassen vermuten, dass die Ohlenberger Monstranz aus der Kölner Werkstatt des „Meisters von 1394“ stammt. Das kostbare Gefäß mit einer Höhe von 65 cm besteht aus vergoldetem, getriebenem und graviertem Silber, die Pyxis ist aus Bergkristall.
Der sechsteilige, 18-zackige Sternfuß mit hoch profilierter Zarge und umlaufenden Kreuzchenfries trägt auf seinen glatt gerahmten Ansichtsflächen alternierend gravierte Blatt- und Blütenornamente, darin auf den seitlichen Pässen jeweils ein in einen Kreis eingeschriebenes Kreuz. Die Schaftgalerie besteht aus einem profilierten Sockel, sechs rechteckigen, durchbrochenen Vierpassfeldern und einem umlaufenden Zinnenkranz als oberen Abschluss.
Der sechsteilige emaillierte Schaft wird von einem kreisförmigen Nodus umfasst; vier stark hervortretende Rosetten sind auf ihrer Ansichtsfläche mit silbernen Adlerreliefs geschmückt. Dazwischen liegen emaillierte Felder mit grünen Weinranken. Eine Kragenmanschette leitet zum Trichter über, der mit getriebenem Blattwerk geziert ist.
Der zylinderförmige Aufbau besteht aus einem runden Aufsatz mit einem Kranz silberner Rosetten an der Sockelschräge. Das Schaugefäß aus Bergkristall ist am oberen und unteren Rand mit einem durchbrochenen Lilienfries gefasst, ein zentraler Engel mit hoch aufschwingendem Flügeln hält die Lunula, die zur Aufnahme der Hostie dient. In der Vorderansicht ist der goldene Halbmond mit einem blauen Edelstein besetzt. Die den Schauzylinder flankierenden Seitenstreben setzten über Wasserspeiern auf der Sockelschräge an und bauen sich über einer gravierten Sockelzone mit hohen Arkaden und gestuften Fialen auf.
Die Kristallkuppel wird hinter einem breiten Lilienkranz von vier Bogenstreben, die an ihren Ansätzen ebenfalls mit hohen Fialen besetzt sind, gehalten. Der Turm besteht aus einem vierseitigen, über Eck gestellten Kern, im Untergeschoss mit durchbrochenem Maßwerk und gekuppelten Dreipassarkaden; als Überleitung zum Figurenbaldachin dient eine mit silbernen Rosetten besetzte Kehle. Die einem Kirchtürmchen vergleichbare Figurenarkade, deren vier Giebel mit Krabben und Kreuzblume besetzt sind, nimmt über vier Pfeilern eine stehende Madonna mit Kind in sich auf, überhöht von einem geschlossenen Krabbenhelm, der auf seiner Spitze einen Pinienzapfen trägt.
Die liturgischen Gefäße (Vasa sacra), in der Regel ausschließlich aus Edelmetallen wie Gold und Silber gefertigt, gehören zum wertvollsten und wichtigsten Bestandteil jeder Pfarrei, dienten sie doch unmittelbar zur Feier der heiligen Messe und zur Verrichtung sämtlicher damit verbundener Handlungen. Die Monstranz dient der öffentlichen Darstellung der Eucharistie, der Elevation der verwandelten Hostie, sowohl während der Messe als auch, ab dem Jahr 1264 während der Prozession des Fronleichnamfestes.
Die Ohlenberger Monstranz ist bis heute an hohen katholischen Festtagen in Gebrauch. Sie wurde nur einmal, 1891, von G. Hermeling in Köln restauriert.
Literatur:
Steger, Denise: 800 Jahre katholische Pfarrkirche St. Martin im Spiegel der Kunst. Festschrift und Ausstellungskatalog, Förderverein St. Martin-Kirche Linz/Rhein e.V. 2006, S. 71-98.
Perpeet-Frech, Lotte: Die gotischen Monstranzen im Rheinland. Diss. Bonn 1956 (Bonner Beiträge zur Kunstwissenschaft Bd. 7), Düsseldorf 1964.