August Macke und die Schweiz

Von Denise Steger
20.10.2013

August macke 

 

 

 

 

 

 

 

 

August Macke gehört zu den herausragenden Künstlern des Rheinlands. Nicht nur als Maler, sondern ab 1911 auch als kulturpolitischer Organisator, der es verstand, ein europaweites Beziehungsnetz zwischen Museen, Kunsthändlern und Kollegen zu schaffen, um so der Kunst der Moderne, insbesondere dem „Rheinischen Expressionismus“ zum Durchbruch zu verhelfen. Als Mitbegründer des Blauen Reiters, als Mitinitiator der Kölner Sonderbundausstellung 1912, der Bonner Ausstellung „Rheinische Expressionisten“ oder des deutschen Herbstsalons in Berlin 1913, war der Einsatz dieses unermüdlichen Kosmopoliten immens. Macke spürte jedoch sehr bald, dass ihm sein Engagement die Kraft nahm, sein eigenes malerisches Werk voll zu entfalten. Dem entsprechend fasste er im Herbst 1913 den Entschluss, zusammen mit seiner Familie an den Thuner See überzusiedeln, um sich dort ganz auf seine Malerei konzentrieren zu können. Das August Macke Haus Bonn präsentiert zur Zeit eine großartige Ausstellung mit über 120 Zeichnungen, Aquarellen und Gemälden, die einen umfassenden Einblick in diese wohl bedeutendste Schaffensphase Mackes gibt.

Auf Vermittlung seines Schweizer Malerkollegen und engen Freundes Louis Moilliet bezog August Macke zusammen mit seiner Frau Elisabeth und seinen beiden Söhnen Walter und Wolfgang sowie dem Hausmädchen Anni Breuer am 1. Oktober 1813 das „Haus Rosengarten“ in Oberhofen bei Thun. Das komfortable, mit Bad, Heizung und elektrischem Licht ausgestattete Haus, mit mehreren Veranden, innerhalb eines großen Gartens, direkt am See gelegen, war das ideale Rückzugsgebiet für August Macke: „Es ist allerdings so herrlich, daß ich einstweilen noch ziemlich unter dieser Herrlichkeit zu leiden habe. Es ist fast zu schön hier im Garten am See in der Sonne zu sitzen“ schreibt August Macke am 16.10.1813. Die acht Monaten dieses Schweizer Aufenthalts dokumentieren eine der intensivsten Schaffensphasen Mackes. Sowohl in seinen Zeichnungen, als auch in Aquarellen und Gemälden gelang es ihm, seine künstlerische Entwicklung zu einer Synthese und einem ausgeprägten individuellen Stil zu führen, die auch seine theoretischen Ansätze mit einbezog.

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Werktypisch für Macke waren die in Stadt und Natur aufgenommenen Skizzen und Zeichnungen, die in aquarellierten Fassungen überarbeitet und formal präzisiert wurden. In einem dritten Schritt verfügte er über die einzelnen Motive in seinen Kompositionen völlig frei und kombinierte sie in zahlreichen Paraphrasen. Diesen „gemalten Collagen“, entfernten sich in mehr oder weniger hohem Abstraktionsgrad vom eigentlichen Gegenstand um in völliger Eigenwertigkeit von Form und Kolorit Mackes Bildgedanken zu tragen. „Das Kunstwerk ist ein Gleichnis der Natur, kein Abbild“, schreibt August Macke am 12. Februar 1914 an seinen Künstlerkollegen Hans Thuar.

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Dem komplexen Beziehungsgeflecht zwischen Zeichnung, Aquarell und Ölgemälde trägt die Ausstellung in Bonn besonders Rechnung; die zahlreichen Zimmer des dreistöckigen ehemaligen Wohnhauses von August Macke vermitteln in ihrer Intimität die Zusammenhänge der unterschiedlichen Werkgruppen in außerordentlicher Dichte.

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Thematisch lassen sich zum einen Landschaftsbilder aus der Umgebung des Thuner Sees, zum anderen „Modernes Leben“ – städtisches Treiben in Thun, auf Einkaufsstraßen, in Parks oder dem Zoo und schließlich eine besondere Werkgruppe mit dem Motiv des Seiltänzers, inspiriert durch eine Aufführung des Varietés von Ludwig Knie vom 23.-26. Oktober auf dem Rathausplatz in Thun, unterscheiden – der Seiltänzer, der wie kein anderer den Künstler in seiner existentiellen und gesellschaftlichen Unsicherheit personifiziert, allein, hoch über den Köpfen der Menschen, immer an der Schwelle vom „Übergang zum Untergang“ hat Macke in einer bedeutenden Werkserie, die von unmittelbar vor Ort gemachten Skizzen über aquarellierte Vorstudien bis hin zu einem in kraftvoller Farbigkeit strahlendem Ölgemälde reicht, umgesetzt.

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Der Thuner Aufenthalt endet, als August Macke, Louis Moilliet und Paul Klee gemeinsam beschließen, im April 1814 zu einer Malreise nach Tunis aufzubrechen.

 

August Macke und die Schweiz
Ausstellung August Macke Haus Bonn in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Thun
11.10.2013-19.1.2014

August Macke Haus Bonn, Bornheimer Straße 96, D-53119 Bonn

Öffnungszeiten und Begleitprogramm: www.august-macke-haus.de

Zu der Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der im August Macke Haus für 30 Euro erhältlich ist.

 

Abbildungsnachweise: 

August Macke, (Zwei) Frauen bei Kranichen im Zoo, 1914, Bleistift, 23,8 x 18,3 mm, Privatbesitz

August Macke, Winterlicher Weg, 1913, Kohle und Bleistift, 20 x 16,2 cm, August Macke Haus Bonn, Dauerleihgabe

August Macke, Kolonnade mit Segelboot II, 1913/14, Ölfarbe auf Holz, 35 x 26 cm, Privatbesitz 

August Macke, Spaziergänger mit Stadt, 1913, Aquarellfarbe über Bleistift auf festem Zeichenpapier, 24,2 x 16,4 cm, Sammlung Claus Hüppe, courtesy Kunstsammlungen Chemnitz 

August Macke, Frau vor Hutladen, 1914, schwarze und farbige Tusche, Gouache, 29,1 x 22,7 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

August Macke, Nach Sonnenuntergang am See, 1914, Aquarell, Privatbesitz

August Macke, Unser Garten am See IV, 1914, Aquarell über Bleistift, 23, 5 x 30,5 cm, Privatbesitz

August Macke, Seiltänzer, 1913, Aquarell, 40 x 27 cm, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung

August Macke, Seiltänzer, 1914, Öl auf Leinwand, 82 x 60 cm, Kunstmuseum Bonn

 

 

 

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