Heiß gebrannt und mit Füßen getreten

Von Anna Gesher
18.8.2013

Sinziger Fliesen 

 

 

 

 

 


Wer heute seinen Einkaufswagen durch einen der vielen Discounter schiebt, wird dem Boden wenig Aufmerksamkeit schenken. Tatsächlich sind die allermeisten Böden in diesen Märkten mit Sinziger Platten belegt – aus gutem Grund: Die Fliesen sind nahezu unzerbrechlich, abnutzungsfest und leicht zu pflegen. Diese Eigenschaften teilen sie mit den historischen Sinziger Platten, die noch heute, obwohl bis zu 140 Jahre alt, nicht nur in vielen öffentlichen und privaten Gebäuden vielerorts sowohl links- als auch rechtsrheinisch, erhalten sind, sondern auch als „Luxusartikel“ ins nahe Ausland exportiert wurden. Die Anfänge der Fabrikation reichen zurück in das Jahr 1870, als in Sinzig die „Mosaik-Platten und Thonwaaren-Fabrik“ von Ferdinand Frings und Co. gegründet wurde.

Die wechselvolle Geschichte der Firma, die durch Fusionen immer wieder in andere Hände geriet, aber letztendlich bis heute besteht, spiegelt sich auch in den Produkten wieder.

              

Die faszinierenden mosaikförmig zusammengesetzten alten Dekors verwundern noch heute aufgrund der harmonischen Farbgebung und der klar aber komplex rhythmisierten Muster und einem Katalog von erstaunlicher, jedem Geschmack und Geldbeutel ergebenen Vielfalt. Die entsprechenden originalen Pressschablonen, mit denen die Fliesen einst in akribischer Handarbeit erstellt wurden, sind bis heute erhalten.

Sinziger Fliesen

Ausgerechnet solche Muster, die im Hauptkatalog der Firma von 1925 als „veraltetet“ bezeichnet werden, das sind jene, die aus dem 19. Jahrhundert stammen und mit dem Kommentar bedacht wurden: „Diese alten Muster sind außerordentlich reich ornamentiert und verursachen in den meisten Räumen eine sehr unruhige Wirkung“, machen heute jeden (Haus) Besitzer stolz.

 Sinziger Fliesen                           Sinziger Fliesen  

Auch in vielen Kirchen haben die kostbaren Motive der Fliesen ihren festen Platz, zum Beispiel in der Apollinariskirche in Remagen, im Altarbereich der Rosenkranzkirche in Bad Neuenahr-Ahrweiler, in der Christi-Himmelfahrtskirche in Trier-Ehrang, in der Hubertuskapelle in Bad Hönningen, hier auch als Wandgestaltung, in der Kapelle Altenahr-Reimerzhofen, in der kath. Pfarrkirche Peterslahr, in der Langenfelder Kirche, oder auch in Wesseling, St.Andreas. Hinzu kommen die in die Schweiz exportierten Platten für die Kirche der Schwestern vom hl. Kreuz in Menzingen, die Benediktinerklosterkirche in Engelberg, oder die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Sarnen.

 Sinziger Fliesen

Seit einigen Jahren wird vom Museum Schloss Sinzig eine überaus erfolgreiche Kampagne, den Bestand der Sinziger Fliesen aus dem 19. Jahrhundert zu katalogisieren und zu dokumentieren geführt, an der sich jeder beteiligen kann.

www.museum-sinzig.de

„Heiß gebrannt und unverwüstlich – 140 Jahre Fliesen aus Sinzig“, Katalog: ISBN 978-3-9303376-76-6

Copyright