Von Denise Steger
28.7.2013
Der Kunstverein Mittelrhein feiert das 10-jährige Jubiläum seines Bestehens. Der Gründer und Vereinsvorsitzende Uli Hoffelder kann stolz auf ein Jahrzehnt erfolgreichen Kunstmanagements zurückblicken. Der Verein, mit Sitz in Boppard (Rhein-Kilometer 570), mit annähernd 100 Mitgliedern, davon etwa die Hälfte aktive Künstler, hatte bis 2009 feste Ausstellungsmöglichkeiten in der traditionsreichen „Villa Belgrano“, die inzwischen jedoch anderweitig genutzt wird. Doch erlauben die nun wechselnden Räumlichkeiten außerhalb von Boppard, zeitgenössische Kunst in ungewöhnlichen, aber auch größeren Räumlichkeiten zu inszenieren. Für die Jubiläumsausstellung steht das mitten in der Koblenzer Altstadt gelegene „Haus Metternich“ zur Verfügung, in dem die Künstler auf zwei Etagen ihre Werke, die das breite Spektrum zeitgenössischer Kunst auf ausgesprochen hohem Niveau spiegeln, großzügig präsentieren können.
Die strenge Maßvorgabe „1m x 1m“ war die einzige Bedingung, der sich die rund 40 Kunstschaffenden unterwerfen mussten – durch sie wird die Präsentation trotz der Vielfalt der Exponate auf angenehme Weise strukturiert und dem Blick des Betrachters immer wieder Vergleichendes im System des Quadrats geboten.
Viele der Teilnehmenden zeigen ganz neue, 2013 entstandene Werke, zum Beispiel Cornelia Kurtz, die eine Serie von 9 Zeichnungen, zu einer Einheit zusammengefasst, beisteuert. Leicht, unbekümmert, unbeobachtet kommen uns die dargestellten Menschen entgegen – Momentaufnahmen, die auf jeder Straße, auf irgendeinem Platz, in jeder Situation hätten festgehalten werden können. „Von hier aus“, wie der Titel sagt, transformiert das „von mir aus“, den persönlichen Blick der Künstlerin. Cornelia Kurtz verwendet alte Schwarz-Weiß-Fotografien als Grundlage und Ideenquelle, dabei werden Szenen und Personen ins „Heute“ übertragen – ein Spiel mit der Zeit. Der Raum ist neutral, stattdessen markieren und abstrahieren alte japanische Muster, auf schmalen Tapes gedruckt, die skizzenhaften, zurückhaltend kolorierten Tuschzeichnungen.
Angelina Konrad greift auf ihr ganz persönliches Fotoarchiv, eine über Jahrzehnte aufgebaute Sammlung, die weit in ihre Kindheit reicht, zurück. Fotos als „time-line“, Lebenssubstanz, gelebte Vergangenheit, die in der Gegenwart ihren Platz hat: Personen und Szenen, in linearem Umriss, jenseits des Persönlichen auch allgemein gültig. Das bevorzugte Medium der Künstlerin ist die Druckgrafik; wurde sie in den letzten Jahren vor allem durch ihre Linoldrucke auf dem speziellen Medium der „Weinfilterschichten“ bekannt, stellt Angelina Konrad hier neun ihrer kolorierten Druckstöcke aus Holz unter dem Titel „Zeitlang“ aus. In ihrer oberpfälzer Heimat bedeutet „Zeitlang“ so viel wie Sehnsucht oder Heimweh – Sehnsucht nach der Kindheit?
Zeichenhaftes durchzieht auch das Ölgemälde von Ulla Windheuser-Schwarz, aber auf ganz andere Weise: „Schrift-Zeichen“, der Titel ihres Bildes führt uns in eine Welt der „Worte und Chiffren“ mit uneingeschränkter Deutungsoffenheit; Zeichen, die keiner ausgebildeten Sprache entstammen: Kleine weiße, teilweise rote Punkte, die das Bild zeilenhaft durchziehen, daneben Akzente eines Quadrats im Quadrat, im Zentrum räumlicher Aufbruch, Farbmystik auf meisterhaftem Niveau, die Ulla Windheuser-Schwarz, als Grenzgängerin zwischen Orient und Okzident, aus ihren Erfahrungen geschöpft hat.
Die Gitterstruktur von Melanie Müller, aus einem Alltagsgegenstand – Karteikarten – geformt, ein kettenartiges Verbundsystem von Quadraten filtert den Blick auf die Ausstellung, gewährt Durchblicke und nimmt gleichzeitig die Ausstellung in sich auf.
In dieser sehenswerten Ausstellung gibt es Vieles zu entdecken, Neues, Überraschendes, auch Altbewährtes, und ist noch bis zum 4. August geöffnet, auf jeden Fall ist sie eine Reise nach Koblenz wert!
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen.
KM 570
Künstlerhaus Metternich
Am Münzplatz, Koblenz
19. Juli - 4.August 2013
Öffnungszeiten: Di-So 14-17 Uhr